Viele Systeme wie beispielsweise Nervensystem,
Hormonsystem, Bewegungsapparat, Organsysteme sind
eng miteinander verflochten. So können Änderung der
Funktion des einen Systems auch alle anderen Bereiche
beeinflussen. In der Osteopathie wird der Mensch mit allen
seinen Facetten und in allen Bereichen wahrgenommen.
So weiß man, dass Störungen eines Teilbereiches unter
Umständen Symptome in einem ganz anderen Bereich
entstehen lassen kann.
Viele dieser zugrundeliegenden Mechanismen sind uns bekannt
und werden heutzutage dennoch oft nicht beachtet und
gewürdigt.
Wenn unser Immunsystem uns vor Bakterien, Pilzen und Viren
schützt, oder aber der Körper Verletzungen wie Knochenbrüche,
Bänderrisse oder Hautverletzungen heilt. Der Körper verfügt über
eine Vielzahl solcher Möglichkeiten. Hierzu zählen neben der
Blutstillung unter anderem auch die natürliche Zellregeneration
und unser Hormonsystem.
Es ist hinreichend bekannt, dass sich z.B. ein Muskel auf
Trainingsbelastungen hin vergrößert oder aber die Anzahl
der roten Blutkörperchen bei einem Aufenthalt im Gebirge
zunimmt. Sportler machen sich das zu nutze. Dies ist ein
Beispiel wie die Funktion unsere Struktur beeinflusst und
verändert. Aber auch die Struktur selbst bestimmt
wiederum die Funktion des Organismus.
Lassen Sie mich hierfür die oben angeführten Beispiele
umkehren:
Eine Zunahme des Muskelquerschnittes führt zu einer
höheren Belastbarkeit. Er kann nun höhere
Gewichtsbelastungen stemmen. Und die höhere
Konzentration roter Blutkörperchen ändert die Fähigkeit
des Organismus Ausdauerbelastungen zu bringen.
In der Osteopathie wissen wir, dass wir über die Struktur die
Funktion beeinflussen können, aber auch -innerhalb gewisser
Grenzen- die Struktur des Körpers veränderbar ist, sobald sich
die Funktion ändert.
Dies sind die drei Bereiche, an denen die Osteopathie ansetzt.
Alle Bereiche werden in der osteopathischen Sitzung untersucht
und Auffälligkeiten entsprechend behandelt.
Parietale Osteopathie
Hierbei handelt es sich um den großen Bereich des
Bewegungsapparates, wie Knochen, Gelenke, Bänder, Muskeln
und Sehnen.
Viszerale Osteopathie
Dies ist der Organbereich mit unserem Herz-Kreislauf-System,
den Lungen und allen anderen inneren Organen, wie
Verdauungstrakt, Leber, Nieren usw.
Craniosacrale Osteopathie
Von außerordentlicher Bedeutung ist auch der hier genannte
Bereich des Nervensystems. Es handelt sich dabei um das
Nervensystem an sich (Gehirn, Rückenmark, periphere Nerven
und vegetatives/unbewusstes Nervensystem) und alle
umgebenden bindegewebigen Strukturen, wie Hirn- und
Rückenmarkshäute und auch der Liquor (Nervenwasser).
Die Osteopathie wurde in der zweiten Hälfte des
19. Jahrhunderts durch den amerikanischen Arzt und Prediger
A.T. Still begründet.
Nachdem er ansehen musste, wie vier seiner Kinder und seine
erste Ehefrau an spinaler Meningitis starben, begann er an der
damaligen Medizin zu zweifeln. In der Folgezeit entwickelte er
ein neues Verständnis von Gesundheit, das neben einem
grundlegenden Verständnis von Anatomie und Physiologie auch
ein tiefes Erfassen der belebten Natur beinhaltete.
Seiner Ansicht nach ist jeder Mensch im Grunde ein Ausdruck
göttlicher Perfektion. Auf dieser Grundlage hätte in einem
Körper, in dem alle "Bausteine" an der richtigen Stelle sind und die
Körperflüssigkeiten (Blut, Lymphe, Liquor, interstitielle
Flüssigkeit) ungehindert zirkulieren können, Krankheit keine
Möglichkeit zu entstehen. Er richtete anfangs sein Augenmerk
hauptsächlich auf das richtige Funktionieren der Knochen
zueinander, wobei sein Ansatz häufig als rein mechanisch
fehlgedeutet wird. Er arbeitete dabei stets mit den inhärenten
Kräften des Körpers und die Natur war sein Lehrer.
Zwischen 1920 und 1950 entwickelte sein Schüler W.G.
Sutherland Ansätze zur Behandlung der Schädelsphäre
(Osteopathie im kraniellen Bereich), indem er Stills Prinzipien auf
die Knochen des Schädels und deren gelenkige Verbindungen
übertrug.
Erst in den 1980er Jahren erweiterte der französische Osteopath
J.P. Barral und sein Kollege J. Weischenck das Konzept der
Osteopathie um den viszeralen Bereich. Dabei erforschten sie
das Bewegungsverhalten der inneren Organe und entwickelten
Untersuchungs- und Behandlungstechniken zur
Wiederherstellung und Verbesserung der Mobilität der
Organe zueinander und in Relation zum restlichen Körper.
In Deutschland gilt die Osteopathie als Heilkunde. Daher dürfen
nur Ärzte und Heilpraktiker die Osteopathie eigenverantwortlich
ausüben. Die Osteopathie ist rechtlich nicht geschützt,
weshalb es auch noch keine gesetzlich geregelten und
verbindlichen Ausbildungskriterien gibt. Eine bundesweit
einheitliche Regelung der Ausbildungsstruktur und eine
staatliche Anerkennung des Berufes Osteopath als Heilberuf
ist eines der obersten Ziele des
Wie bei allen anderen Therapieformen handelt es sich auch bei
der Osteopathie um kein Allheilmittel. Die Grenzen der
Osteopathie liegen zunächst immer dort, wo die
Regenerationsfähigkeit des Körpers nicht mehr zur
Wiederherstellung der Funktion ausreicht.
Desweiteren gehören alle Notfallsituationen wie
beispielsweise ein akuter Herzinfarkt oder Schlaganfall und
alle schweren Pathologien wie Tumorerkrankungen oder akute
Infektionskrankheiten in die Hände eines Arztes.
Ob zu einem späteren Zeitpunkt die Osteopathie als
ergänzende Therapieform zur herkömmlichen Versorgung
sinnvoll ist, muss im Einzelfall und ggf. nach
Rücksprache mit dem behandelnden Arzt geprüft werden.
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